Bauzauntaschen

Wiedereröffnung der Pfarrkirche St. Maria-St. Vicelin und Bauzauntaschen

„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände. Ist doch ihre eigene Gemeinschaft aus Menschen gebildet, die, in Christus geeint, vom Heiligen Geist auf ihrer Pilgerschaft zum Reich des Vaters geleitet werden und eine Heilsbotschaft empfangen haben, die allen auszurichten ist.“

Dieses Zitat bringt auf den Punkt, warum es Kirche gibt. Diese Sätze aus dem Vatikanischen Dokument „Gaudium et spes“ umschlossen in der Renovierungszeit die Kirche am Bahnhof. Große Bauzaunbanner mit Bildern aus dem Inneren der Kirche aber auch von Menschen, die ihrem Dienst der Nächstenliebe in Caritas, Bildung und Erziehung und Feier der Gottesdienste nachkommen, waren darauf zu sehen. Kirche konnte in seiner dreifachen Bedeutung wahr genommen werden: als Sakrament von Gott gestiftet, sichtbar im Zeichen des Bauwerks der Kirche und in den Menschen, die aus christlicher Überzeugung ihr Leben gestalten, ihre Arbeitskraft einsetzen und im Gebet die Welt und ihre Anliegen vor Gott bringt.

Motor ist die Freude und die Hoffnung, ist das Wissen um Trauer und Angst, die einen Raum wie zum Beispiel eine Kirche braucht.

In dieser Zeit eine Kirche so aufwendig renovieren und sanieren zu wollen und schlussendlich auch zu können ist Geschenk und Auftrag in einem.

Unsere Kirchen sind weithin sichtbare Zeichen nicht nur unserer Geschichte. Dabei sind sie aber keine Museen. Sie bieten Glaubenden, Suchenden, Fragenden einen offenen Raum an: Zum Nachdenken, zur Besinnung kommen, zur Ruhe finden. Er bietet genug Platz, dort andere zu treffen, die ebenfalls mit ihren eigenen Lebensfragen unterwegs sind. Er bietet Platz, das Leben zu feiern in Freude (Taufe, Hochzeit, Firmung,) und Trauer (Krankheit, Abschied, Tod). Er bietet Raum, an andere zu denken, sich mit guten Gedanken und Wünschen, im Gebet an ihre Seite zu stellen und damit nicht nur um sich selbst zu kreisen.

Eine Kirche zu sanieren – wieder in Stand zu setzen – so dass sie weiterhin erinnert, ermahnt, einlädt die Fülle des Lebens anzubieten und zu leben ist in dieser Zeit nur so zu verstehen. Die Kostbarkeiten dieser Kirche sind nicht das Gold und die vielen Kunstwerke. Sie alle weisen nur auf etwas geradezu Unscheinbares hin, das kostbarer nicht sein könnte: ein altes Buch und ein Stück Brot.

Sie sind die Quellen, die die Richtung weisen, Kraft spenden, Trost schenken und ermutigen, über den Schatten von Egoismus und Selbstsucht, Darstellungsdrang und Machtgehabe zu springen und im Dienst für die Gemeinschaft aller Menschen Antwort auf die Sinnfragen des Lebens zu finden.

In diesem Sinn wollten die Bilder der Banner in der Bauzeit eine Antwort darauf anbieten, warum wir diese Kirche als Begegnungsort von Gott und Menschen brauchen – auch in Zukunft.

Wir wissen darum, dass wir gerade in unserem Bistum darüber sprechen, Kirchengebäude aufzugeben.

Wir wissen darum, dass nur drei Tage vor der Wiedereröffnung dieser Kirche in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz auch Kirchen den Fluten zum Opfer gefallen sind.

Wir wissen darum, dass Menschen, sobald sie eine Kirche sehen, an Schreckliches erinnert werden, das ihnen in Räumen der Kirche durch Menschen angetan wurde.

Wir wissen, dass wir mit der Sanierung einer Kirche in unserer Zeit eine Verantwortung übernommen haben:

Nicht nur auf die bauliche Erhaltung zu achten, sondern sie mit Geist und Leben offen zu halten, damit Menschen dort einen Zufluchtsort finden, einen Begegnungs- und Lebensraum, in dem sie sich angenommen und ernst genommen fühlen.

Einen Raum, der von Gottes Zusage an die Menschen lebt: Ich bin bei euch, alle Tage bis zum Ende der Welt. Denn nur solange brauchen wir diesen Raum. Dann haben wir die Möglichkeit, alles loszulassen und uns ganz auf die Liebe einzulassen.

Solange wollen wir uns dafür einsetzen, dass damit spürbar wird, dass alles, was das menschliche Leben ausmacht, Widerhall findet in unseren Herzen – wie es das Zitat auf den Bannern sagt.

 

Wir sind allen dankbar, die an der Sanierung mitgearbeitet oder die Sanierung durch finanzielle Mittel möglich gemacht haben.

Wir möchten nicht nur auf unsere wunderschön sanierte Kirche blicken, sondern auch dort helfen, wo es dringend notwendig ist.

Darum haben wir die Bauzaunbanner nach der Bauzeit in eine neue Verwendung überführt. Aus ihnen sind unterschiedlichste Taschen genäht worden. Diese Taschen können am 12. September 2021 im Anschluss an das Hochamt zur Einweihung der Eduard-Müller-Kapelle gegen eine Spende erworben werden. Die Spenden wollen wir einer Gemeinde zukommen lassen, die durch das Hochwasser im Juli ihre Kirche wieder neu in Stand setzen muss. Wir möchten damit ein Zeichen der Solidarität setzen und dazu beitragen, dass Kirchen als Zufluchts- und Lebensort weiterhin für die Menschen zugänglich sind.

Bitte unterstützen Sie die Spendenaktion. Nähere Informationen gibt es bei Julia Weldemann und Jan Krause.